WIFI-Weiterbildungsbarometer 2020: Neun von zehn Österreicher/innen halten lebensbegleitendes Lernen für wichtig

  • Corona-Krise hat digitales Lernen massiv beschleunigt
  • Homeoffice und digitale Meetings sind neue Normalität geworden
  • Gewünschtes Verhältnis Online- zu Präsenz-Lernen ist 40:60
  • Bereitschaft zur Weiterbildung an sich groß, aber Anreize nötig

Lebensbegleitendes Lernen ist unabdingbar, um beschäftigungsfähig zu bleiben und beruflich Erfolg zu haben: Diese Einsicht ist in der Bevölkerung mittlerweile nahezu unumstritten. 93 Prozent der Österreicher/innen erachten kontinuierliche Weiterbildung als sehr oder einigermaßen wichtig, belegt die repräsentative IMAS-Umfrage „Weiterbildungsbarometer 2020“ im Auftrag des WIFIs der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Allerdings wird das Vorhaben der Weiterbildung in der persönlichen Praxis nicht immer konsequent umgesetzt. Und es zeigt sich dabei ein deutliches Bildungsgefälle: Menschen mit Matura bzw. Uni-Abschluss können dem berufsbegleitenden Lernen überdurchschnittlich mehr abgewinnen als Menschen ohne formale Abschlüsse.

Trotz Corona fehlen Fachkräfte

„Positiv ist, dass berufsbegleitende Weiterbildung bei den Menschen einen so hohen Stellenwert hat, aber es gibt noch immer eine klare Diskrepanz zwischen der generellen Bereitschaft und der tatsächlichen Umsetzung. Es braucht hier also überzeugende Argumente und gute Anreize für die Österreicher/innen“, sagt Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der WKÖ. „Wir müssen die bestmöglichen Rahmenbedingungen für Weiterbildung in Österreich schaffen. Gut ausgebildete Arbeitskräfte sind einer der wichtigsten Hebel für unseren Wirtschaftsstandort. Der Fachkräftemangel besteht trotz Corona-Krise weiterhin und er wird sich mittelfristig noch verschärfen.“

„Es ist heute ganz normal geworden, dass Menschen mehrmals in ihrem Erwerbsleben ihren Arbeitsplatz und sogar ihr Berufsfeld wechseln. Die Grundausbildung reicht daher schon lange nicht mehr, es braucht kontinuierliche Weiterbildung“, betont Markus Raml, Kurator des WIFI Österreich: „Nur so schafft Bildung Wohlstand, auch für Unternehmen, die damit ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten und den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig stärken.“

Die Innovationszyklen werden immer kürzer. Lernen avanciert so zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. „Egal ob es um die Einführung einer neuen Software, die stärkere virtuelle Kundenorientierung oder um eine höhere Innovationsfähigkeit geht: Um im volatilen Umfeld unserer Tage als Unternehmer/in erfolgreich zu sein, müssen wir mit unseren Mitarbeiter/innen agil auf die Entwicklungen reagieren. Doch dazu bedarf es Menschen, die mit den rasanten Neuerungen Schritt halten können“, so Raml. 

Corona brachte Rückenwind für digitales Lernen

Laut Umfrage geben 59 Prozent der befragten Erwerbstätigen an, dass sie digitale Inhalte und digitale Weiterbildungen nutzen würden. Auch hier ist die Nutzung bei höher gebildeten Erwerbstätigen größer. Klare Vorteile durch das Online-Lernen sehen die Befragten darin, dass die Anreise wegfällt und es keine Ansteckungsgefahr mit Covid-19 gibt. 
„Digital- oder Präsenz-Lernen ist in der beruflichen Weiterbildung kein Widerspruch und auch kein Entweder-oder, sondern zu einem Miteinander geworden. Die Krise zeigt uns, dass beides in der Kombination hervorragend funktioniert“, erklärt Tatjana Baborek, Institutsleiterin WIFI Österreich. Die Studie macht deutlich, dass digitale Lernplattformen das Präsenz-Lernen nicht ersetzen können: Im Durchschnitt wünschen sich die Erwerbstätigen eine Aufteilung von 40 Prozent Online-Lernen und 60 Prozent Präsenz-Lernen.
„Lernen kann im Jahr 2020 ohne Online-Inhalte nicht auskommen. Es gilt nun, das Beste aus beiden Welten sinnvoll für die Menschen zu verbinden und auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden verstärkt einzugehen. Die Ergebnisse bestärken somit auch die neue Digitalstrategie des WIFI Österreich“, so Baborek.

Mehr Anreize für Weiterbildung schaffen

Diesen „Boost“ durch die Corona-Krise müsse man nutzen und fördern: „Die Wirtschaft braucht Menschen, die selbstgesteuert lernen, lebensbegleitend am Ball bleiben und selbstständig Lösungen entwickeln können. Die berufsbegleitende Erwachsenenbildung ist daher zentral für die Zukunft Österreichs“, appellieren Kühnel und Raml unisono.
„Um den Anteil jener Beschäftigten, die Weiterbildungskurse besuchen, zu steigern, gilt es, Möglichkeiten zu schaffen, in die eigene Bildungszukunft zu investieren. Mit der Investitionsprämie ab 1. September wurde die Möglichkeit geschaffen, Investitionen in Zukunftstechnologien zu ermöglichen. Aus Sicht der Wirtschaft sollte eine entsprechende Prämie auch für die Aus- und Weiterbildung wirksam werden“, so Kühnel.

Konkret könnte für Arbeitnehmer/innen die steuerliche Absetzbarkeit von Weiterbildungskosten (als Werbungskosten) ausgeweitet werden. Für Unternehmen wäre eine Bildungsprämie von 10 Prozent der unmittelbaren Aufwendungen wünschenswert um den Betrieben einen weiteren Anschub zu geben, noch bereitwilliger in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter/innen zu investieren. (PWK378/HSP)

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