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Trainer:in werden: "Kleine Schritte führen weit"

Mit einem Englisch-Studium und einem Bachelor-Abschluss in Deutsch in der Tasche kam die Ukrainerin Viktoriia Shybetska vor rund drei Jahren nach Österreich. Heute unterrichtet sie am WIFI in St. Pölten die deutsche Sprache für Menschen, die – ähnlich wie sie selbst – ein neues Leben in Österreich beginnen möchten. 

Interview: "Ich sehe es als meine Aufgabe, Interesse zu wecken"

WIFI-Blog: Frau Shybetska, wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten? 

Viktoriia Shybetska: Ich wollte in Österreich unbedingt eine Arbeit finden, für die ich begabt bin und die mir am Herzen liegt. Am AMS habe ich erfahren, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund hier sprachliche Unterstützung brauchen. Ich habe auch selbst gesehen, wie groß da der Bedarf ist. Als mir dann eine Kollegin vom WIFI erzählt hat, habe ich mich sofort dort gemeldet. Schon wenige Tage nach meinem Bewerbungsgespräch habe ich die Zusage bekommen. Darüber bin ich immer noch sehr froh. 

WIFI-Blog: Auch wenn Sie selbst gut Deutsch sprechen –?die Sprache zu lehren ist ja noch einmal etwas anderes, oder? 

Viktoriia Shybetska: Das stimmt. Aber ich bekam ausreichend Unterstützung: Im DaF/DaZ-Lehrgang konnte ich die methodisch-didaktische Basis lernen und auch schon beim Unterricht hospitieren und Erfahrung sammeln. In der ersten Einschulung erhielt ich alle notwendigen Informationen darüber, wie der Unterricht am WIFI abläuft. Und in den LENA-Seminaren bekommen wir Trainer:innen zusätzliche Instrumente in an die Hand, um eine lebendige und interessante Lernumgebung zu schaffen.  

WIFI-Blog: Worauf legen Sie in Ihrem Unterricht besonderen Wert? 

Viktoriia Shybetska: Grundsätzlich orientiere ich mich am Lehrbuch, in dem alle Themen vorgegeben sind, die ich ansprechen muss. Ansonsten bin ich aber frei, meine Lehrmethoden selbst auszuwählen. Ich gestalte den Unterricht in einer lockeren, humorvollen Atmosphäre. Schließlich machen viele meiner Teilnehmer:innen ihre ersten Schritte in der deutschen Sprache, da kann man nicht so streng sein. Ich nutze sehr gerne Witze oder ein paar lustige Videos über das Deutschlernen und baue auch Spiele ein. So kann man vor allem langweilige Themen besser erfassen. Aber es gibt auch klare Regeln, an die sich die Teilnehmer:innen halten müssen. Dazu gehört Respekt mir und allen Teilnehmer:innen gegenüber.  

WIFI-Blog: Wer kommt eigentlich zu Ihnen in den Kurs? 

Viktoriia Shybetska: In den Deutschkursen kommen Menschen aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen zusammen, die aus unterschiedlichen Gründen Deutsch lernen wollen. Manche sind zielstrebig und wollen in ihrem Beruf Fuß fassen oder hier einen neuen Beruf erlernen. Andere fühlen sich gezwungen, die Sprache zu lernen oder brauchen den Kurs für ein Visum. Sie sind oft weniger engagiert. Ich sehe es als meine Aufgabe, auch ihnen Perspektiven zu zeigen und Interesse zu wecken. Denn wer gezielt arbeitet und mit den Deutschkursen eine Stufe nach der anderen absolviert, kann schneller ins Berufsleben einsteigen.  

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"Die Kollegialität genieße ich sehr"

WIFI-Blog: Haben Sie ein Motto, an das Sie sich im Unterricht halten? 

Viktoriia Shybetska: Kleine Schritte führen weit, vor allem, wenn man sie gemeinsam geht. Ich glaube an Geduld, Unterstützung und Entwicklung im Alltag. Nicht an die schnellen Wunder. Die menschliche Nähe ist dabei wichtig. Ich hatte zum Beispiel eine Teilnehmerin mit spanischer Muttersprache, die Deutsch lernen wollte, damit sie sich mit ihrem österreichischen Mann verständigen kann. Ihr habe ich schließlich geholfen, einen kleinen Liebesbrief auf Deutsch zu verfassen. Das war auch für mich sehr berührend. 

WIFI-Blog: Welche Erfolgserlebnisse machen Ihnen Freude? 

Viktoriia Shybetska: In meinen Kursen bleiben fast alle bis zum Schluss, darauf bin ich stolz. Ich versuche immer, auch die lernschwächeren Teilnehmer:innen besonders zu unterstützen, damit niemand den Anschluss verliert und die Motivation bis zur Prüfung hoch bleibt. In meiner letzten A1-Gruppe haben sogar alle Teilnehmer:innen die Abschlussprüfung bestanden! Auch jene, die es zuvor schon mehrmals versucht und nicht geschafft hatten. Generell freue ich mich auch über die kleineren Fortschritte, die ich beobachten darf: Wenn jemand plötzlich einen Satz richtig formuliert, beim Sprechen sicherer wird oder zum ersten Mal ein Formular selbst ausfüllt zum Beispiel.  

WIFI-Blog: Bringt Ihnen die Trainertätigkeit noch andere Vorteile? 

Viktoriia Shybetska: Die Kollegialität im Team genieße ich sehr. Wir helfen einander aus und besprechen auch untereinander, wie wir bestimmte Themen besser erklären können. Auch meine persönliche Entwicklung profitiert von dieser Tätigkeit. Ich bin nämlich ein eher introvertierter Mensch. In meiner Trainerrolle muss ich aber sicher auftreten und sozial kompetent und kommunikativ sein. Diese Arbeit lockt mich also aus meiner Komfortzone heraus und das ist gut.  

WIFI-Blog: Bilden Sie sich selbst auch weiter? 

Viktoriia Shybetska: Ja. Ich bin nicht nur Trainerin, sondern auch Teilnehmerin am WIFI. Derzeit besuche ich selbst einen C2-Deutschkurs. Der hilft mir fachlich auf dem neuesten Stand zu bleiben und meine eigenen Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Denn auch wenn ich derzeit sehr zufrieden bin mit meinen Aufgaben, möchte ich in Zukunft auch in höheren Kursen Deutsch unterrichten.  

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Foto: Josef Bollwein