Barbist:
Ein guter Chef sollte in erster Linie Motivator sein, sollte in der Lage sein, Perspektiven zu entwickeln und sie auf attraktive Weise den Mitarbeitern zu übertragen.

Moderation:
Paul Barbist ist Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol und somit Leiter von mehr als 1.000 Mitarbeitern. Sein Schlüssel zum Erfolg ist Kommunikation. Seine Angestellten erreicht er über verschiedenste Kommunikationskanäle – von internen Rundschreiben per E-Mail, über eine Mitarbeiterzeitung bis hin zu Videobotschaften.

Barbist:
Und das Telefon ist natürlich das wichtigste Werkzeug in diesem Zusammenhang. Und ich persönlich bin für meine Mitarbeiter tagtäglich am Mobiltelefon über mindestens 12 Stunden erreichbar.

Moderation:
Ständig in Kontakt zu den Mitarbeitern zu sein, ist aber noch kein Zeichen für einen guten Boss. Es kommt auch auf das Wie an. Für Ulrike Aigner, Leiterin des Human Resource-Lehrgangs im WIFI Tirol, kennt weitere Tricks zur erfolgreichen Kommunikation.

Aigner:
Tipps sind, dass man offen und ehrlich kommuniziert. Was ich oft erlebe ist, dass das Zeitnahe fehlt, dh dass Mitarbeiter teilweise Informationen zu spät bekommen, die aber für ihre Arbeit wichtig oder notwendig sind.

Moderation:
Wenn der Chef offen mit den Mitarbeitern spricht, lassen sich auch die Unternehmensziele leichter erreichen. Auch hier gilt: Mit allen gemeinsam definierte Ziele sind erfolgsversprechender.

Barbist:
Zahlen sind wichtig, weil sie entrelativieren. Also sie machen eine Zielsetzung greifbar. Sie wird real und ich denke, bei Zahlen im Zusammenhang mit Zielen muss man sehr genau darauf achten, dass diese Zahlen mit den Mitarbeitern entwickelt werden, dass es keine Phantasiezahlen sind. Vor allem sollten sie nachvollziehbar sein und es muss auch eine Erklärung dafür geben, warum ein Ziel – ausgedrückt in einer Zahl – jetzt so wichtig ist.

Moderation:
Manchmal muss der Chef aber auch allein Entscheidungen treffen und autoritär handeln.

Aigner:
Das ist ein Mal, wenn es eine Krisensituation ist, wo man die Mitarbeiter dann weniger beteiligen kann. Wo es eben dieses „Führen mit Peitsche“ auch erfordert. Das zweite ist abhängig – denke ich – von einem Reifegrad der Mitarbeiter. Das bedeutet, wie hoch ist das Engagement und die Fähigkeit des Mitarbeiters. Und davon abhängig, wenn das nieder ist, werde ich eher enger führen müssen, aber damit den Mitarbeiter auch fordern und entwickeln können.

Moderation:
Welcher Führungsstil der richtige ist, hängt von der Persönlichkeit und vom Aufgabengebiet ab. Führen mit Zielen ist ideal für vertriebsorientierte Unternehmen. Bei kreativer, selbstständiger Arbeit ist das partnerschaftliche oder kollegiale Führungsverhalten gefragt. Je unselbstständiger die Mitarbeiter sind, desto autoritärer ist der Führungsstil. Im Hintergrund steht aber immer die Mitarbeiterförderung. Und auch hier kommen wir wieder zurück zum Ausgangspunkt – der Kommunikation. Barbist setzt auf gezielte Mitarbeitergespräche, um die Wünsche, aber auch Stärken seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erkennen.

Barbist:
Beispielsweise haben wir im Haus eine Mitarbeiterin. Sie ist zuständig für das Veranstaltungsmanagement und beim Zuhören bei den vielen Gesprächen mit ihr habe ich gemerkt, dass sie auch ein sehr großes kulturelles Interesse hat und dieses auch entwickelt hat und auch in diesem Bereich so Fortbildungen gemacht hat. Und wir uns im Unternehmen auch im Rahmen der Arbeit für Menschen mit Behinderung auch mit dem Aufbau einer Kultur- und Bildungsabteilung befassen. Und hier haben wir in dieser Mitarbeiterin ein Juwel gefunden – auf Grund dieses Gespräches – die hier geradezu ideal für die Besetzung dieser Aufgabe ist.

Moderation:
Die Mitarbeitergespräche dienen natürlich nicht nur dazu, die Stärken eines Mitarbeiters kennen zu lernen. Sie sind eines der wichtigsten Instrumente, um dem Mitarbeiter Feedback geben. Hier ist Fingerspitzengefühl nötig.

Aigner:
Ich denke, was generell bei einem Feedback – Feedback ist eine Rückmeldung über positive oder negative Eigenschaften – was generell wichtig ist, dass ich das wertschätzend gebe. Dass ich das zeitnah gebe und nicht sage, mit ist das vor x Monaten aufgefallen. Dass es konkret ist. Dass ich es mit konkreten Beispielen untermale. Und dass ich mir selber in so einer sensiblen Situation bewusst bin, dass ein ehrliches Feedback ein Geschenk an den Mitarbeiter ist. Es ist die Frage, wie ich dieses Geschenk verpacke, dass es der Mitarbeiter auch annehmen kann.

Moderation:
Feedback ist aber nicht nur für die Verbesserung der Mitarbeiterleistung reserviert. Auch für Chefs ist eine Reflexion zum eigenen Führungsverhalten wichtig. Dabei gibt es zwei Ansätze: Strukturiert in Form von Fragebögen oder durch Online-Befragungen. Die zweite Möglichkeit sind persönliche Gespräche mit dem Mitarbeiter.

Aigner:
Ich denke, was das Um und Auf ist, generell bei einem Feedback an die Führungskraft, dh bei einem Bottom-Up-Feedback, das ist, dass generell eine gewisse Feedback-Kultur im Unternehmen ist. Aus meiner Sicht kann es ansonsten nicht funktionieren. Auf was ich als Vorgesetzter, als Chef, aufpassen muss, ist, dass ich nicht sozial erwünschte Antworten bekomme, sondern wirklich ehrliche. Und dass ich selber als Vorgesetzter nicht in eine Rechtfertigung oder dass ich eine Gegenattacke starte. Das sind so ein paar Fallen, auf die ich als Vorgesetzter achten sollte.

Moderation:
Weitere Methoden gefällig? Beim 360°-Feedback holen Sie sich Rückmeldungen zu Ihrem Führungsverhalten von Ihrem Chef, von Mitarbeitern auf derselben Führungsebene und von Mitarbeitern, denen sie vorstehen. Sie binden aber auch Kunden und Lieferanten mit ein und bekommen so ein umfassendes Bild, wie Sie die Außenwelt wahrnimmt.

Aigner:
Eine zweite Variante wäre auch, dass ich beispielsweise meinen Führungsstil mit einem externen Partner, mit einem Coach, reflektiere.

Ja, ich bin selber als Coach tätig. Ich sehe in meinem eigenen Unternehmen, dass der Bedarf und die Inanspruchnahme steigt. Aber es ist nach wie vor ein gewisses Tabuthema. Dh, Führungskräfte oder Nachwuchsführungskräfte sind potentiell bereit dazu, sich coachen zu lassen. Es wird aber in den Unternehmen nicht groß darüber gesprochen.

Moderation:
Egal ob Sie auf dem Weg zur leitenden Position oder aber schon Chef sind: Kommunikation ist das Um und Auf für erfolgreiches Führen.

Aigner:
Ich denke, was für die Führungskraft wesentlich ist, das ich mir meiner Führungsstärken oder auch meiner Führungsschwächen bewusst bin. Dass ich Vertrauen in die Mitarbeiter habe. Dass ich sehr wertschätzend mit meinen Mitarbeitern umgehe und dass ich als Führungskraft auch menschlich und nahbar bleibe.