Moderation:
Sie hat eine Schulstufe übersprungen, war österreichische Jugendgedächtnismeisterin und hat mit Medizin und Kognitionswissenschaften zwei Uniabschlüsse in der Tasche. Ihr Name:

Turecek:
Katharina Turecek

Musikalische Überleitung

Moderation 2:
Der WIFI-Steckbrief

Moderation 2:
Beruf:

Turecek:
Gedächtnistrainerin, Lernexpertin

Moderation 2:
Wohnort:

Turecek:
Wien

Moderation 2:
Alter:

Turecek:
Privates

***

Moderation:
Wenn man von Katharina Turecek zu einem Gespräch eingeladen wird, erlebt man die erste Überraschung: Ihr Büro ist nicht in der Innenstadt, sondern in einer idyllischen Kleingartensiedlung am Stadtrand von Wien.

Turecek:
Ich wohne und arbeite in einer Kleingartensiedlung in Wien. Das heißt, ich sitze hier in einem kleinen Schrebergartenhäuschen. Hier unten im Erdgeschoß habe ich mein kleines Büro. Neben mir sitzt der Hund. Oben habe ich noch ein wenig Raum, da wartet das kleine Kind auf mich. Und draußen ist der schöne Garten mit den Obstbäumen.

Moderation:
Die kleine Tochter heißt Daphne und ist ein Jahr alt. Sie lässt sich auch von Tino, dem siebenjährigen, aufgeweckten Labrador-Dalmatiner-Mischling, der durchs Haus streift, in ihrem Schlaf nicht stören. Hinter dem Bürotisch steht am Bücherregal ganz prominent ein menschliches Gehirn. Das Medizinstudium hat Turecek gewählt, weil sie sich unbedingt aktiv in die Gehirnforschung vertiefen wollte. Daneben hat sie Seminare und Vorträge gehalten und damit ihre heutige Karriere aktiv vorbereitet.

Turecek:
Und das ist genau der springende Punkt. Und das ist auch der springende Punkt vom LENA-Lernmodell vom WIFI, dass es eben um eine aktive Haltung des Lernenden geht. Nicht nur jetzt aus Sicht der Lernpsychologie, sondern eben just für den Lernenden selbst. Weil man dadurch mehr Spaß am Lernen hat, aber automatisch auch viel längerfristiger behält, was man eben gelernt hat.

Moderation:
LENA ist die Abkürzung für LEbendig und NAchhaltig - das neue WIFI-Lernmodell. Katharina Turecek entwickelte das WIFI-Lernbuch mit, in dem unter anderem Tipps zur Selbstorganisation beim Lernen und das Nutzen von Lernstrategien vorgestellt werden.

Turecek:
Wenn ich möchte, dass ich die Inhalte, die ich lerne, auch nachhaltig behalte - sprich, jetzt nicht nur kurzfristig im Kopf habe -, dann brauche ich einen mehrphasigen Lernplan. Das heißt, ich teile die Zeit, die ich zum Lernen zur Verfügung habe, in zwei Hälften und nütze die erste Phase nur dazu, Inhalte zu verstehen und zu vernetzen. Das heißt, mir geht es anfangs nicht darum, dass ich mir irgendetwas merke. Wir merken uns nebenbei mehr, als uns bewusst ist. Aber eigentlich geht es am Beginn wirklich nur darum, zu verstehen, worum geht es eigentlich?

Moderation:
Damit Sie die Inhalte auch wirklich verstehen, entwerfen Sie gleich zu Beginn Fragen zum Stoff: Was möchte ich hier erfahren? Welche Fragen könnten für die Prüfung wichtig sein? Beim Lesen oder im Rahmen einer Vorlesung suchen Sie dann gezielt nach den Antworten auf Ihre Fragen. Sie werden sehen, diese Vorbereitung macht schon das Zuhören und das Lesen interessant, weil Sie viel aufmerksamer an das Thema herangehen. Das ist aber noch nicht die ganze Lernstrategie, denn es fehlt noch die entsprechende Nachbereitung.

Turecek:
Das heißt, anschließend gehe ich her und versuche, die Fragen, die ich mir selber gestellt habe, auch zu beantworten. Wichtig ist aber, dass ich das in eigenen Worten mache. Sprich, ich schreibe jetzt nicht nur wortwörtlich ab, was ich gerade gehört habe oder was ich gerade gelesen habe, sondern ich versuche wirklich, quasi so, als wäre jetzt eine Prüfung, oder so, als würde ich jetzt jemandem anderen erklären, was ich gerade gelernt habe, in eigenen Worten diese Fragen in sinnvolle Antworten umzuformen.

Moderation:
Bilder helfen Ihnen, die Inhalte dann auch im Kopf zu behalten, gerade wenn Sie diese auf ein Plakat oder auf kleine Zettel schreiben und in Ihrer Wohnung verteilen. Aber keine Angst, solche Merktechniken sind auch ohne große Vorbereitung umsetzbar. Ein Beispiel für den Alltag gefällig? Sie erinnern sich am Abend im Bett, dass sie versprochen haben, Ihren Fotoapparat mitzubringen. Statt das Schlafzimmer zu verlassen und das Gerät vor die Haustüre zu stellen, kennt Turecek eine bequemere Lösung.

Turecek:
Ich stelle mir zum Beispiel vor, dass der Wecker, wenn er läutet, nicht nur läutet, sondern gleich ein Foto macht. Schreckliche Vorstellung. Ein Wecker, der in der Früh ein Foto vom verschlafenen Gesicht macht. Und wenn jetzt in der Früh der Wecker läutet, dann erinnere ich mich an dieses Bild. Jetzt kann es zwar sein, dass ich so im Laufe des Alltagstrubels nicht an gewisse Gedankenbilder denke, die ich mir gemacht habe. Das kann ich jetzt verstärken, indem ich den Wecker nehme und vom Nachttisch hinunter auf den Fußboden stelle. Und wenn ich in der Früh verzweifelt versuche, den Wecker auszuschalten, und er ist nicht dort, wo er hingehört, dann erinnere ich mich, dass da noch etwas war. So ähnlich wie die Knoten im Taschentuch, die man früher gemacht hat.

Moderation:
Sie werden sehen: Die Verknüpfung vom Wecker, der in der Früh das Foto macht, funktioniert sogar besser als früher der berühmte Knoten im Taschentuch. Bevor Sie jetzt aber glauben, das Merken funktioniert ganz einfach und passiv, müssen wir Sie enttäuschen. Die laufende Berieselung mit Lernstoff und das mechanische Nachplappern von Gelerntem werden nicht zum gewünschten Erfolg führen.

Turecek:
Das sieht so aus, dass ich eben das Buch aufschlage, mir einen Absatz durchlese und versuche, den nachzuplappern. Das ist eine rein mechanische Wiederholung und bringt eben für den Lernprozess - nachhaltig gesehen - überhaupt gar nichts. Wiederholen ist dann sinnvoll, wenn Sie wieder - Schlüsselwort: aktiv - aktiv wiederholen. Das heißt, ich versuche, mich zuerst zu erinnern, und schaue erst nachher nach, was die Antwort ist. Ein ganz klitzekleiner Unterschied, aber der macht eben viel aus.

Moderation:
Wenn Sie den Stoff optimal gelernt haben, gibt es noch eine Herausforderung: die Prüfung zu bestehen. Gerade die mentale Vorbereitung ist dabei besonders wichtig. Wenn Sie eine mündliche Prüfung haben, vermitteln Sie dem Prüfer, dass Sie alles wissen.

Turecek:
Das ist eigentlich wie eine Art Schauspieler auf der Bühne, braucht man gewisse Fähigkeiten, muss die Körperausstrahlung vermitteln, der weiß alles. Da gibt es drei konkrete Faustregeln: Faustregel Nummer eins ist die aufrechte Körperhaltung. Faustregel zwei ist der Augenkontakt, ist der Blick. Das heißt, dem Prüfer direkt in die Augen schauen. Und Faustregel drei, das ist die Stimme. Eine hohe Stimme signalisiert ein bisschen eine Unruhe. Und je tiefer die Stimme ist, je erdiger, je eher die Stimme aus dem Bauch kommt, desto mehr Kompetenz wird entsprechend vermittelt.

Moderation:
Für alle, die Angst haben, in Stresssituationen gewisse Dinge zu vergessen: Nutzen Sie doch einfach Ihre Finger als Helfer! Turecek erklärt anhand einer schriftlichen Deutschprüfung, wie Ihnen Daumen und Co. unter die Arme greifen.

Turecek:
Vielleicht Punkt eins: Ich möchte sichergehen, dass ich Sie immer großschreibe. Das ist vielleicht meine Schwachstelle, dass ich Sie oft kleinschreibe. Dann ist die erste Station der Daumen. Und ich stelle mir quasi vor, in Gedanken setze ich dem Daumen einen Hut auf, ich stelle mir vor, das ist jetzt mein Gesprächspartner und den sieze ich. Das ist so mein erster Anker. Mein zweites Problem ist vielleicht, dass ich Beistriche ganz gerne vergesse. Das heißt, ich nehme mir vor, am Schluss noch einmal zu kontrollieren, ob alle Beistriche da sind. Mein zweiter Finger ist der Zeigefinger. Das heißt, ich stelle mir vor, wie er sich krümmt wie das Kommazeichen. Und das ist jetzt meine Assoziation. Und auf die Art und Weise kann ich eben alle möglichen Hinweise noch in der letzten Minute verankern und gehe dann einfach im Rahmen der Prüfung meine Finger durch. Habe ich an alles gedacht, ja oder nein?

Moderation:
Sie sehen, Lernen kann man lernen, und zwar mit einfachen und lustigen Methoden! So überzeugt und überzeugend Katharina Turecek die verschiedenen Merktipps aufzählt, so sehr lehnt sie als junge Mutter auf der anderen Seite Lernprogramme am PC oder auf DVD für die ganz Kleinen ab.

Turecek:
Für die Entwicklung des kindlichen Gehirns ist eines wichtig, und das sind eben das Aufwachsen und das Kennenlernen des eigenen Körpers und der normalen Umwelt. Das heißt, für die Kinder ist es wahnsinnig wichtig, dass sie sich selber bewegen können, dass sie mit Gegenständen hantieren dürfen und können, dass sie eben auch mit Dingen in der Natur Kontakt haben. Sprich, dass sie im Herbst mit Blättern spielen. Das können sie nicht lernen von einem Computerspiel.

Moderation:
Die junge Daphne schläft noch immer ganz ruhig in ihrem Zimmer, während ihre Mama erklärt, wie man ein Kind dabei fördert, wissenshungrig und lernaktiv zu werden.

Turecek:
Das ist so wie mit einer Diät. Eine Diät macht auch keinen Sinn, wenn ich das jetzt nur auf einen bestimmten Bereich beschränke, sondern das muss sich durch das ganze Leben ziehen. Und das ist mit dem Thema Lernen auch so. Das heißt, wenn mein Kind im Alltag nie die Chance hat, sich auszudrücken oder etwas zu erzählen oder frei zu sprechen, dann wird es auch in der Schule bei der Prüfung auf einmal nicht zum Plappermaul werden. Das heißt, da gibt es Grundeinstellungen, die ich dem Kind mitgeben kann. Es zum Fragenstellen anregen. Kinder stellen ganz automatisch Fragen. Das muss ich aber fördern, weil die verlernen das wieder, wenn ich das Fragenstellen nur unterdrücke. Genauso kann ich aber selber Fragen zurückstellen und das Kind einfach einmal erzählen lassen. Das heißt, ich denke der beste und wichtigste Tipp für Eltern ist: Zuhören! Zuhören! Zuhören!

Moderation:
Hoffentlich haben Sie beim Zuhören so manch Neues mitgenommen. Der abschließende Tipp: Wiederholen Sie doch die Punkte, die Ihnen wichtig erscheinen, einfach nochmals. Übrigens: Auf www.wifi.at können Sie auch den Podcast als Transkription nachlesen.

Musikalische Überleitung

Moderation:
WIFI kurz und bündig

Moderation:
Wissen bedeutet für mich:

Turecek:
Zu wissen, bedeutet für mich Antworten haben.

Moderation:
Diese drei Dinge brauche ich für gutes Lernen:

Turecek:
Zeitplan, Farbstifte, Notizzettel

Moderation:
Drei Eigenschaftswörter, die Sie beschreiben:

Turecek:
Authentisch, wissenschaftlich, interessiert

Moderation:
Buch oder Internet?

Turecek:
Buch. Wenn ich lese, dann streiche ich gerne an. Wenn mich ein Thema wirklich interessiert, dann das Buch. Wenn ich nur schnell suche, dann ist es das Internet.