Moderation:
Wo Menschen gemeinsam arbeiten oder leben, entstehen auch Konflikte. Wer kennt sie nicht - die gelegentlichen Reibereien in der Familie oder die Wortgefechte mit Kollegen am Arbeitsplatz? Aber: Wann entsteht eigentlich ein Konflikt? Für Anwalt und Mediator, Dr. Hannes Müller, dann wenn...

 O-Ton Müller:
...unterschiedliche Vorstellungen aufeinandertreffen, die sich nicht unter einen Hut bringen lassen. Wenn in einer Familie ein Ehepaar unterschiedliche Ansichten über Kindererziehung hat, wenn es bei Arbeitskollegen unterschiedliche Vorstellungen über die Erbringung der Arbeitsleistungen gibt oder auch bei Wohnungseigentumsanlagen für Sanierungen des Hauses zum Beispiel oder bei Nachbarschaften, wenn hier gemeinschaftlich irgendetwas zu machen ist, also treffen immer unterschiedliche Gesichtspunkte aufeinander, die sich nicht vereinen lassen.

Moderation:
Vor allem Konflikte am Arbeitsplatz sind oft schwer zu erkennen. Mögliche Anzeichen eines Konflikts sind Gruppenbildung unter Kollegen oder der „Dienst nach Vorschrift“. Bemerkt man als Firmenchef, dass ein Konflikt entstanden ist, gibt es für WIFI-Trainerin Anna Unterholzer zwei Möglichkeiten um ihn zu lösen.

O-Ton Unterholzer:
Also auf der einen Seite können Sie versuchen selbst den Konflikt anzusprechen, das ist aber manchmal schwierig für eine Führungskraft, weil die ja selber auch entscheiden müssen. Oder Sie holen sich jemanden von außen und sagen, so und so ist die Situation, ich schicke die beiden zu Ihnen oder ich schicke dieses Team zu Ihnen und arbeiten Sie mit denen das aus. Es ist auch eine Form der Anerkennung denke ich, wenn eine Firma dafür Zeit und Geld investiert, dass ein Konflikt gelöst wird.

O-Ton Müller:
Ganz wichtig ist, dass man ein offenes Ohr hat, dass man zuhört ob irgendwo unterschiedliche Standpunkte da sind und diese unterschiedlichen Standpunkte gleich aufgreifen und ansprechen. Keinesfalls hier nur zuwarten und denken, dass sich solche Konflikte aus Eigenem lösen.

Moderation:
Wenn Sie selbst in einem Konflikt verstrickt sind, ist es wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren. Versuchen Sie so früh wie möglich, den Konfliktpartner anzusprechen und Schuldzuweisungen zu vermeiden. Denn:

O-Ton Müller:
Naja, grundsätzlich ist es so, dass Schuldzuweisungen dazu führen, dass der andere reflexartig etwas verneint, also man sollte offen auf den zugehen und fragen, welche Probleme da sind. Schlecht ist es natürlich, wenn man hingeht und behauptet, dass man irgendeine Beschuldigungen gehört hat und er soll jetzt Stellung nehmen dazu.

O-Ton Unterholzer:
Ein Tipp wäre, gerade wenn Konflikte in Situationen immer wieder auftreten und mit den gleichen Personen, dass man so seinen persönlichen Cooldown findet. Dass man weiß: Okay, wenn ich so und so attackiert werde, dann tut es mir gut zum Beispiel eine Pause einzulegen oder was auch immer, ist ganz was Persönliches, damit ich dann wieder sachlich weiterverhandeln kann und nicht gleich explodiere und das Ganze eskaliert.

Moderation:
Für Müller beginnt Konfliktlösung bereits vor dem ersten Gespräch. Nämlich bei der Vorbereitung. Dafür gibt es Hilfsmittel. Neben umfangreicher Literatur aus dem Mediations- und Kommunikationsbereich, bietet auch das Bundesministerium für Justiz eine Liste mit ausgebildeten Mediatorinnen und Mediatoren an, die mit Rat und Tat zu Seite stehen.

O-Ton Müller:
Genau. Wenn man sich unsicher ist, wie man ein solches Gespräch führt, sollte man sich unbedingt vorher informieren, wie man das am geschicktesten angeht, weil man will einen Konflikt lösen und nicht einen Konflikt noch verstärken.

Moderation:
Mit genügend Vorbereitung, einem kühlen Kopf und dem persönlichen Willen gelingt es jeden Streit zu lösen. Fast jeden.

O-Ton Müller:
Natürlich gibt es auch Konflikte, die nicht lösbar sind und zwar dann, wenn die Parteien, in der Mediation nennen wir sie Medianten, nicht bereit sind, zu einer Konfliktlösung beizutragen. Dann geht es nicht. Es ist ein freiwilliges Verfahren und wenn die Medianten das nicht wollen, dann funktioniert das auch nicht, es muss eine bestimmte Motivation da sein, den Konflikt zu lösen und wenn ein gemeinsames Ziel vor Augen ist und das ist ja auch in der Mediation so, dass das herausgearbeitet wird, das gemeinsame Ziel und wenn die Medianten bereit sind, dann kann eigentlich, wenn die Freiwilligkeit und die Motivation da ist, jeder Konflikt gelöst werden.

Moderation:
Grundsätzlich kann jeder in einen Konflikt verwickelt werden. Auch Sie Herr Müller?

O-Ton Müller:
Also am Arbeitsplatz bin ich Gott sei Dank noch nie in einen Konflikt verwickelt gewesen. Aber Konflikte im täglichen Leben hat man überall. Wenn man sich mit Konflikten, Konflikttheorien und Mediation beschäftigt, hat man ein gewisses Rüstzeug wie man solchen Dingen entgegentreten kann. Dass Konflikte jetzt zwar nicht vermeidbar sind, aber dass sie nicht eskalieren.

ACHTUNG: Die Transkripte werden direkt von den Audio-Interviews übernommen. Die Zitate können daher grammatikalische Fehler enthalten.